WIKA, WIRTSCHAFTSKAMMER NÖ, 3100 ST. PÖLTEN, WBW, 1. PREIS 2006

Text

Kalkulierter Zufall
Auf den ersten Blick wirkt das lange Gebäude mit der mehrmals flach geknickten Fassade nicht wie ein Bürohaus. Es hat nicht die übliche Glasfassade und schon gar nicht in doppelter Ausführung. Vielmehr ist es ein Massivbau. Städtebaulich korrespondiert das weit südlich des historischen Zentrums befindliche Bauwerk mit benachbarten Wohnanlagen. Doch von diesen unterscheidet es die lebendig bewegte große Form.
Aus dem massiven Volumen sind da und dort loggienartige Volumen herausgeschnitten. Bauplastisch relativieren sie die Strenge des großen Körpers; funktional dienen sie kurzen Arbeitspausen im Freien. Die außen aufgesetzten Fenster scheinen auf den ersten Blick ebenfalls unregelmäßig angeordnet, die scheinbare Zufallsverteilung folgt jedoch exakten geometrischen Regeln und korrespondiert mit den Bürotrennwänden. Die kalkulierten Zufälligkeiten vermeiden eine Untergliederung der Fassade, lassen sie flächiger wirken und stärken die große, ganzheitliche Form.

In spitzem Winkel durchstößt die Eingangshalle das Erdgeschoss. Nach der Ädikula des Windfangs gelangt man in eine zwei Geschoße hohe Vorhalle. Ein Steg, der den Raum quer überspannt, bildet eine kurze Zäsur, bevor der sechs Geschoße hohe, glasüberdeckte Lichthof folgt. Im Grundriss reihen sich die Büros entlang den Fassaden. Drei Flügel streben wie bei einem Y vom Rumpf des Baukörpers weg. Ihre Mittelzonen sind keilförmig aufgespreizt und enthalten Neben- und Archivräume.
Der hohe Lichthof von unregelmäßiger Raumbegrenzung entfaltet seine autonome Kraft im Zentrum. Rundum ziehen sich die Erschließungsgalerien der Büros. Die Gänge werden von den innen verglasten Loggien oder kleinen Ausweitungen unterbrochen. An den Stirnseiten der Gebäudeflügel entsteht jeweils eine kleine Halle.

 
Dieses Projekt wurde mit folgenden Auszeichnungen gewürdigt:
– Bauherrenpreis der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs (2006)
– Vorbildliches Bauen in Niederösterreich (2008)

Fakten

Wirtschaftskammer Niederösterreich

3100 St. Pölten, Landsbergerstrasse 1b

Auftraggeber:
Gebäudeerrichtungs- und Betriebs GmbH
Mariazeller Strasse 97
3100 St. PöIten

Wettbewerb: Sommer 2002, 1.Preis
Planungsbeginn: Winter 2002
Baubeginn: Herbst 2003
Fertigstellung: Jänner 2006

Grundstücksfläche gesamt: ca. 38.000 m2
Grundstücksfläche Bauteil: ca. 9.000 m2
Bruttogrundfläche: ca. 15.000 m2
Nettogrundfläche: ca. 13.500 m2
Nutzfläche: ca. 9.000 m2

Konsulenten:
Statik: FCP Fritsch, Chiari & Partner
HKLS: ZFG Projekt
Elektroplanung: TB Eipeldauer
Bauphysik: Ziv. Ing. Walter Prause
Vermessung: Büro Schubert
Lichttechnik: Bartenbach
Brandschutz: TU Wien Institut für Brandschutztechnik‚ IBS
Verkehrsplanung: Ziv. Ing. Erich Lust
Farbkonzept: Oskar Putz

Planungsteam RLP: Rüdiger Lainer, Oliver Sterl (Pl), Bettina Litschauer, Ulrike Lenger, Klaus Leitner, Julia Zeleny

Fotos:
Margherita Spiluttini
Pez Hejduk
Gert Walden